Persönlichkeitstest mit Tücken?
- Alexandra Clavier
- 26. Aug.
- 2 Min. Lesezeit

Bias in Persönlichkeitstests:
So erkennen Sie methodische Schwächen
„Persönlichkeitstests liefern Ergebnisse!“
Persönlichkeitstests prägen Entscheidungen. Ob bei der Personalauswahl, in der Führungskräfteentwicklung oder im Coaching – die Resultate beeinflussen Menschen und Karriereverläufe. Doch welche Aussagekraft haben die Erkenntnisse und wie objektiv sind Tests wirklich? Wann liefert ein Test ausreichend valide Ergebnisse, die eine gute Basis für faire Entscheidungen bieten?
Es ist wichtig die Qualität und Unvoreingenommenheit solcher Tests kritisch zu prüfen.
Denn wo Bias (Verzerrung) im Spiel ist, drohen Fehleinschätzungen, Fehlentscheidungen und Fehleinstellungen.
Was bedeutet Bias in der Diagnostik?
In der psychologischen Diagnostik beschreibt Bias jede systematische Verzerrung, die die Gültigkeit der Ergebnisse beeinträchtigen kann. Anders gesagt: Die Testergebnisse bilden nicht ab, worauf wir eine Antwort suchen, um zu einer verlässlichen Entscheidung zu kommen.
Besonders kritisch ist das im Recruiting oder bei der Potenzialdiagnostik.
Typische Quellen für Bias:
Antworttendenzen: Manche Menschen kreuzen eher extreme Antworten an („Immer“, „Nie“), andere bleiben im neutralen Bereich. Das kann Ergebnisse verzerren – unabhängig von der tatsächlichen Ausprägung.
Soziale Erwünschtheit: Testpersonen geben Antworten, die sie für „richtig“ oder „gut“ halten – nicht solche, die ehrlich wären. Besonders in Bewerbungssituationen ein Risiko.
Kulturelle Prägungen: Begriffe wie „Führung“, „Verantwortung“ oder „Selbstständigkeit“ haben je nach Kultur unterschiedliche Bedeutungen – das beeinflusst Antworten massiv.
Selbstbildverzerrungen: Wer sich selbst nicht realistisch einschätzen kann (Stichwort: „blinde Flecken“), liefert zwar ehrliche, aber dennoch unrealistische Antworten.
Interpretation von Ergebnissen: Ein Test, der etwa bestimmte Persönlichkeitsdimensionen bevorzugt darstellt oder nicht normiert ist, führt zu ungleichen Chancen – und damit zu strukturell verzerrten Entscheidungen.
Bias-Check: 5 Prüfkriterien für gute Persönlichkeitstests
Wenn Sie sich fragen, ob ein Testverfahren wirklich überzeugt, helfen diese fünf Leitfragen:
1. Validität:
Misst der Test wirklich das, was er zu messen vorgibt? Ein Test zur Teamfähigkeit muss tatsächlich Verhaltensmuster im Gruppenkontext abbilden – nicht etwa nur Kommunikationspräferenzen.
2. Reliabilität:
Sind die Ergebnisse zuverlässig und reproduzierbar? Bei seriösen Tests bleibt das Ergebnis auch bei Wiederholung (unter gleichen Bedingungen) stabil.
3. Transparenz:
Wird offen gelegt, wie der Test funktioniert? Vertrauenswürdige Anbieter geben Auskunft über verwendete Modelle, Auswertungsverfahren und wissenschaftliche Grundlagen.
4. Manipulationssicherheit:
Lässt sich der Test leicht „faken“? Gute Verfahren erschweren bewusste Täuschung – etwa durch indirekte Fragen, Reaktionszeitmessungen oder implizite Verfahren.
5. Methodenmix:
Wird in der Erhebung einseitig auf Persönlichkeit geschaut? Validitäten steigen nachweislich, wenn unterschiedliche Erhebungen kombiniert werden und insbesondere auch, wenn kognitive Fähigkeiten Berücksichtigung finden.
Fazit: Diagnostik braucht kritisches Denken
Punktgenaue Persönlichkeitstests gibt es nicht. Aber es gibt große qualitative Unterschiede – und es lohnt sich, genauer hinzusehen. Denn ein Test ist nur so gut wie seine Konzeption. Wer sich blind auf Ergebnisse verlässt, läuft Gefahr, falsche Entscheidungen zu treffen – und Menschen zu verkennen.
Unser Tipp:
Führen Sie regelmäßig einen Bias-Check durch – auf Methodenebene, aber auch in Ihren internen Auswahl- und Entwicklungsprozessen.